Der Groschenkrimi „Polizeifunk meldet: Mordfall Lemke aufgeklärt…“
Ein seltenes Stück gehört seit einigen Wochen zur Sammlung des Museums Angermünde. Es ist das erste Heft einer Reihe von Groschen-Krimis, die von 1949 bis 1951 unter dem Titel „Geschichten, die das Leben schrieb“ in der DDR erschienen. Der kurz nach der Gründung des ostdeutschen Staates im Jahre 1949 gedruckte erste Groschenkrimi des Landes zeigt alle Merkmale eines noch tastenden Umgangs mit dieser Art von Literatur. Das Format als „Groschenheft“ war heftig umstritten und auch mit der literarischen Kriminalgeschichte hatte man Probleme. Kann man beides in der angestrebten sozialistischen Gesellschaft überhaupt gebrauchen? So blieb sogar im Dunkeln, wer die Geschichte verfasst hat. Bis heute konnte die Forschung nicht klären, welche Person sich hinter dem Namen des Autors, Hannes Elmen, verbirgt.
Der Stoff der Kriminalerzählung ist ein realer Fall, der sich im heutigen Museum Angermünde abspielte. Im Oktober 1948, ein Jahr vor der Gründung der DDR, war das Haus Uckermark, das in dieser Zeit noch „Hotel Reichshalle“ hieß, der Schauplatz eines Kapitalverbrechens. Mit dem fingierten Schreiben eines Anwalts wurde ein Berliner Geschäftsmann in das Angermünder Hotel gelockt und dort ermordet. Die Ermittlungen gestalteten sich auch deshalb schwierig, weil die Polizei in der Sowjetischen Besatzungszone mit neuen Kadern – oft berufsfremden – neu aufgebaut wurde und das Verhältnis zur Polizei in den westlichen Besatzungszonen bereits durch den beginnenden Kalten Krieg bestimmt war.
Trotz aller Schwierigkeiten war die im Entstehen begriffene „Volkspolizei“ bei den Ermittlungen erfolgreich. Der Täter wurde vor Gericht gestellt, zunächst zum Tode verurteilt und später begnadigt. Die historischen Hintergründe des Falles konnten in den 1990er Jahren näher untersucht werden, nachdem die entsprechenden Archive zugänglich wurden. Der Erfolg bei den Ermittlungen führte dazu, dass der Fall auch Literaturgeschichte schrieb: der „Mordfall Lemke“ ist die erste gedruckte Kriminalgeschichte, die in Form eines „Groschenromans“ in der DDR im Jahre 1949 erschien. Hier zeigen sich bereits eine Reihe von Merkmalen, die für Kriminalliteratur und – filme in der DDR typisch sein werden.
R. Gebuhr